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Administrator (jjsa) on 7.7.2020

Ein Urlaub an der Ostsee für Menschen mit atypische Parkinson

Urlaub an der Ostsee

Jean-Jacques Sarton, 07.07.2020, waisen-der-medizin.de

Die PSP-Gesellschaft organisiert jedes Jahr eine Urlaubswoche für Menschen, die von einer atypischen Parkinson-Erkrankung betroffen sind.

Bei den atypischen Parkinson Erkrankungen (PSP, MSA und CBD) handelt es sich um neurodegenerative Erkrankungen, die einen schnellen Verlauf aufweisen und eine sehr hohe Belastung für die Patienten und ihre Angehörigen darstellen.

Bei allen 3 Formen der Erkrankung, welche auch als „Parkinson Plus“ bezeichnet werden, treten innerhalb kurzer Zeit sämtliche Symptome auf, die auch bei einem „idiopathischen Parkinson Syndrom“ vorhanden sein können. Weiterhin kommt es zu zusätzlichen Symptomen wie beispielsweise bei der PSP, bei der es zusätzlich zu Impulskontrollstörungen kommen kann, welche unter anderem zu häufigeren Stürzen oder Verschlucken führen können. Die Patienten erleben den Verfall bewusst und für die Angehörigen kommen die Sorgen um den geliebten Menschen, die pflegerischen Aufgaben sowie die notwendige Beaufsichtigung erschwerend hinzu.

Aus dem Alltag auszubrechen, Kontakte mit anderen zu haben, sich auszutauschen ist wichtig und wird während der Urlaubswoche ermöglicht.

Damit den Bedürfnissen aller Rechnung getragen werden kann, müssen die Erkrankten betreut werden, am besten durch Menschen die Erfahrungen mit solchen Erkrankungen besitzen. Im Rahmen der Urlaubswoche war ein Betreuungsschlüssel von je einem Betreuer für jeweils einen Betroffenen vorhanden. Die Hälfte der Betreuer hatten ihre Partner, die von einer PSP betroffen waren, Jahre lang begleitet. Der Rest hatte bereits anderweitig Erfahrungen gesammelt und war zum Teil in der Altenpflege tätig gewesen. Dabei war die Devise des Romans von Alexandre Dumas, „die drei Musketiere“ (Einer für Alle, Alle für Einen)  durchaus sinnvoll.

Wir waren im Familienhof Lamp untergebracht. Der ehemalige Bauernhof befindet sich in Wendtorf, einem kleinen Dorf, das am nordöstlichen Ende der Kieler Förde liegt. Zur Verfügung stand uns eine umgebaute Scheune mit schönen barrierefreien Zimmern und, im Untergeschoß, ein sehr großer Raum, in dem wir essen konnten. Die meiste Zeit haben wir allerdings im Freien verbracht.

Auch wenn wir, die Betreuer, tagsüber etlichen Verpflichtungen nahzukommen hatten und für die Obhut der Betroffenen verantwortlich waren, war es dennoch Urlaub für uns. Das Frühstück nahmen wir gemeinsam um 08:30 Uhr ein und danach hatten die Partner(innen) der Erkrankten die Gelegenheit Unternehmungen durchzuführen. Den Betroffenen wurde ein Spaziergang auf dem Deich, Übungen auf einer sehr schönen Wiese im Anwesen, oder auch ein Vormittag am Strand angeboten. Dazu kamen noch die Touren mit dem Dreirad, welche von Karl, einem der Betreuer, angeboten wurden. Karl hatte das Dreirad für seine leider vor Kurzem verstorbene Frau angeschafft und es nun für gemeinsame Aktivitäten zur Verfügung gestellt. Allen hatten viel Spaß dabei, es war wahrscheinlich einer der Höhepunkte der gesamten Veranstaltung.

Um 18:30 Uhr, war dann das Abendessen angesagt, die Aufgaben der Betreuer gingen hier (theoretisch) zu Ende. In der Praxis aber versammelten wir uns im Hof und plauderten, sangen, …

Für einige von uns war die Veranstaltung Neuland, sowohl seitens der Betreuer als auch auf Seiten der Betroffenen. Sorgen und Ängste waren sicherlich auf beiden Seiten vorhanden, aber alles lief gut, auch wenn es zwischendurch Pannen gab, die bei allen Beteiligten für Aufregung sorgten. Darunter der Sturz einer unserer PSP-Freunde auf den weichen Boden der Wiese, welcher jedoch glücklicherweise folgenlos geblieben ist.

Auch Probleme mit dem Schlucken machten sich bemerkbar. PSP-Patienten neigen dazu, zu viel Flüssigkeit in den Mund zu nehmen, die Gefahr des Verschluckens ist dabei sehr groß. Dies mussten wir immer wieder feststellen. Glücklicherweise ist nichts Bedenkliches geschehen.

Diese sehr schöne Woche war eine Mischung aus Selbsthilfetreffen, Tipps und Tricks und Erfahrungen die ausgetauscht wurden, aus Tagespflege und geselligem Familientreffen. Social Distancing war in diesem Kontext nicht möglich und wurde auch aufgehoben. Wichtiger war es sich am Tag der Verabschiedung herzlich umarmen zu können. Ein Wiedersehen wünschen sich alle der Beteiligten.

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Comments

14.7.2020

Karl

Jean Jacques das hast du sehr gut geschrieben. Danke für dein Lob. Aber für die Patienten war es sehr schön. Sie sahen aus einer anderen Perspektive den Deich und den Hafen. Immer nur im Rollstuhl ist auch langweilig. So konnte ich für ein bischen Abwechslung sorgen. Da auch der PSP Gesellschaft für diese Möglichkeit.

14.7.2020

Jean-Jacques Sarton

Karl, es war für alle sehr schön (ohne Ausnahme). Die atypische Parkinson Erkrankungen fordern für die Erkrankten und ihren Partnern sehr viel. Solche Tage sind für alle beteiligten einer willkommenen Abwechslung und die Gelegenheit neue Menschen zu treffen, neues zu erleben. Es ist auch gelebte Selbsthilfe. Bei uns sind viele Menschen in ein relativ kleinen Gebiet vorhanden. Einige von uns treffen sich immer wieder, tauschen Erfahrungen aus und haben wieder Spaß. Neue Freundschaften entstehen. Ich kann nur jeden der irgendwie von eine schlimme Krankheit betroffen ist ähnliches zu tun, gemeinsamen Urlaub, ausgedehnten Treffen, ...

15.7.2020

Karl

Jean Jacques das hast du sehr gut geschrieben. Danke für dein Lob. Aber für die Patienten war es sehr schön. Sie sahen aus einer anderen Perspektive den Deich und den Hafen. Immer nur im Rollstuhl ist auch langweilig. So konnte ich für ein bischen Abwechslung sorgen. Da auch der PSP Gesellschaft für diese Möglichkeit.

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