Gastbeiträge
Ich wurde von Daniela Köhrer gebeten zum Thema „Welche täglichen Belastungen treten mit einer seltenen Erkrankung im Alltag auf“ etwas für die Cometogether Gruppe zu schreiben. Dieser Bitte möchte ich gerne nachkommen.
Ein kleiner Ausschnitt aus meinem persönlichen Alltag mit meiner seltenen Erkrankung „Syringomyelie“ genannt und getauft von mir auf „meinen Syrinx Wurm“. Täglich stoße ich an meine körperlichen Grenzen. Heute musste ich wieder mal erkennen wie einschneidend sich doch alles seit Ausbruch meines Syrinx Wurm verändert hat.
Wir waren am Sonntag zu einer Verabschiedung mit ca. 1400 Gästen in die Stadthalle eingeladen. Ich hatte mich schon sehr darauf gefreut viele Bekannte zu treffen und mich auch von zwei Freunden, die in den Ruhestand treten, persönlich zu verabschieden. Solche Gelegenheiten alle Bekannte dort zu sehen, bieten sich nicht oft im Jahr. In den letzten 22 Jahren haben wir zusammen viel erlebt, was für uns alle sehr prägend gewesen ist. Darum war es mir besonders wichtig dabei zu sein. Das Wochenende fing gut an und so errechnete ich mir Chancen am Sonntag dabei sein zu können.
Leider kommt es oft anders als man sich das wünscht. Meine Erkrankung hat mir einen großen Strich durch die Rechnung gemacht. Ja was war denn wieder los? Das große Zittern, der Schwindel setzte ein und mein Darm ließ mich auch nicht zur Ruhe kommen. Mein Magenausgang ist krankheitsbedingt gelähmt und heute Nacht fing der gelangweilte Darm an zu arbeiten. Natürlich hat er sich gefreut, dass er endlich was arbeiten darf. Dadurch das der Magenausgang gelähmt ist, klappt die Verdauung nur sehr schleppend. Manchmal habe ich bis zu 14 Tage keinen Stuhlgang. Nun könnt Ihr Euch in etwa vorstellen, was in meinem Darm los ist, wenn er dann „Arbeit“ bekommt. Das hat mich die halbe Nacht gekostet. Schmerzen ohne Ende. Der Weg des Speisebreies bis zum großen Finale (Darmausgang) ist immer mit sehr großen Schmerzen verbunden. Hinterher bin ich körperlich erschöpft. Für den Körper ist das ein riesen Kraftakt. Die Auswirkungen sind dann zusätzlich für mich noch, dass ein enormer Druck im Körper entsteht, der sich bis hoch in den Kopf zieht und man hat das Gefühl gleich auseinander zu platzen. Also, blieb ich wieder zu Hause und mein Mann fuhr alleine zu dieser Veranstaltung.
Nach so einem Kraftakt, braucht der Körper eine Ruhephase. Die Kunst ist, sich nicht hinzulegen, da der Kopf noch so einen enormen Druck hat, dass wenn ich in eine Ruheposition komme, wieder das Gefühl habe er platzt. Also versuche ich langsam durch die Wohnung zu laufen, bis der Körper sich anfängt zu entspannen. Und dann geht es ab auf die Couch.
Frust stellt sich ein. Ich bin einfach nur enttäuscht, dass ich wieder zu Hause bleiben muss. 1000 Gedanken der Wut und Enttäuschung über den gesundheitlichen Zustand gehen einem durch den Kopf.
Jeder kennt das, wenn man sich auf einen Termin freut und muss dann aus gesundheitlichen Gründen absagen, da spielt es gar keine Rolle, ob es ein Geburtstag, eine Verabschiedung oder nur ein Treffen mit Freunden ist. Man ist frustriert, wenn man absagen muss.
Für uns beide ist diese Situation nicht einfach. Hinzu kommt das Gerede von außen: „Na, kann sie wieder nicht oder hat sie keine Lust mitzukommen?“ Ooooh, wie mein Mann und ich diese unüberlegten und einfach nur dummen Aussagen lieben. So mitfühlend und professionell!
Zum Schluss möchte ich nur sagen, ich muss mit der Krankheit und all den dazugehörigen Beschwerden leben. Das ist schwer und es macht einen oft einsam. Ich versuche nach meinen Bedürfnissen diesen Kreislauf zu durchbrechen und jedem Tag trotz allem etwas Positives abzugewinnen. Frei nach dem Motto: „Hast Du heute schon einmal gelächelt“? Das ist schwer, aber es erleichtert einem den Alltag, wenn man es schafft auch mal über sich selbst zu schmunzeln.
In diesem Sinne viel Kraft und Durchhaltevermögen, sowie eine schmerzarme Zeit.
Sonja Böckmann
Buchautorin